Die Denkwürdigkeiten des Herrn v. H. by Friedrich Gustav Schilling

Die Denkwürdigkeiten des Herrn v. H. by Friedrich Gustav Schilling

Autor:Friedrich Gustav Schilling [Schilling, Friedrich Gustav]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
veröffentlicht: 1965-12-31T23:00:00+00:00


Eine Dunkelgeschichte, die wieder vorkommt

Einmal abends, ich hatte eben die Nachricht erhalten, daß ich hunderttausend Gulden in der Haager Lotterie gewonnen, gehe ich in ernsthaften Gedanken die besuchteste Straße auf und nieder und denke so nach, wie das Glück so manchen Menschen ohne sein Sorgen, vielweniger sein Zutun in seine Arme nimmt, und manchem, der sich noch so sehr bemüht und anstrengt, nicht einmal einen freundlichen Blick zuwirft.

Es war darüber bald elf geworden und ich bog in ein? Nebengäßchen, um nach Hause zu gehen. Da kommt hinter mir eine weibliche Gestalt daher.

»Sie entschuldigen?! Sind Sie nicht Herr v. H.?«

»Soviel ich weiß.«

»Meine Madame läßt Sie bitten, ob Sie wohl so gütig wären und nur auf ein paar Worte –«

»Wer ist ihre Madame? –«

»Ja, das soll ich nicht sagen; Sie werden’s wohl von ihr selbst erfahren.«

»Das sieht ja einem Abenteuer so ähnlich wie möglich! Nun, ich will so gütig sein.«

»Ja, aber Sie müssen mir im Dunkeln folgen und dann auch viel steigen und können die Madame nur im Finstern sprechen, denn wenn es der Herr – Gott sei mir gnädig.«

»Komm, liebes Mädchen, ich bin neugierig.«

Ich folgte ihr durch das Haus, durch einen langen Hofraum, eine, zwei schmale Treppen hinan.

»Halt, Mädchen, ich muß Atem schöpfen.«[151]

Neugierde, Ungewißheit und Furcht engten meine Brust. Ich stand tiefer als meine Führerin, schlang einen Arm um ihre Hüften, fuhr mit der anderen Hand unter ihren Rock und küßte sie.

»Pfui doch, wissen Sie nicht, daß Sie zur Madame kommen sollen?«

»Aber sage mir, liebes Mädchen, was es für eine Bewandtnis hat?«

»Nur Geduld, Herr v. H. – i pfui doch – unser Herr ist ein alter Knasterbart. Kommen Sie, Madame möchte warten und um zwölf Uhr wenigstens muß sie zum Herrn Gemahl ins Bett.«

Wir stiegen noch eine Treppe, schlichen über einen langen Gang und stiegen noch eine Treppe und traten nun in ein finsteres Vorzimmer.

»Hier«, sagte meine Führerin, mich in einen großer gemächlichen Armstuhl setzend, »warten Sie, und wenn Sie die Saaltüre draußen schnellen hören, so treten Sie ja gleich hier rechter Hand in den Schrank und ziehen Sie die Türe an sich. Ich glaube zwar nicht, indessen weiß man doch nicht, was dem Herrn einfallen möchte.«

Sie ging in die Stube, welche sehr schwach erhellt war, und bald darauf kam eine schöngewachsene Figur zum Vorschein.

Ich stand auf.

»Bleiben Sie, bleiben Sie«, rief die Dame, die Tür zumachend.

»Aber, schöne Frau, soll ich nicht das Glück haben, Ihre schöne Person bei Licht zu bewundern?«

»Mein Mann würde das Licht hier sehen, und das Ungewöhnliche würde ihn gleich heraufbringen.«[152]

»So ist ja hier ein Zimmer –«

»In Gegenwart meines Mädchens, und noch mehr den gaffenden Dacheinwohnern des Nachbarhauses ausgesetzt. Beruhigen Sie sich, lieber v. H., über meine Anordnung und beantworten Sie mir eine Frage: Was denken Sie von dem Auftritt?«

»Ich denke, meine schöne Frau werden mir etwas Wichtiges zu sagen haben.«

Indem griff ich und empfing einen zarten Körper, nur sehr leicht bekleidet, und zog ihn auf meinen Schoß. Sie zitterte.

»Ich vertraue, hoffe ich, einem edeldenkenden Manne. Ich liebe Sie! Die Dunkelheit macht mir das freie Geständnis leichter. Ich habe gekämpft, und anstatt eine törichte Leidenschaft besiegen zu können, sehen Sie den Erfolg.



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